Auf den Spuren Hahnemanns (1755 – 1843)
Samuel Hahnemann, 1755 in Meißen geboren, studierte Medizin in Leipzig, Wien und promovierte 1779 in Erlangen. Bereits nach kurzer Praxistätigkeit war er unzufrieden mit den Verfahren der gängigen Medizin, deren Methoden er für schädlich und sinnlos hielt. Die damals als Medikamente großzügig eingesetzten Gifte wie Quecksilber oder Arsen schädigten zusätzlich die kranken Körper. Enttäuscht beschäftigte er sich weiterhin mit Medizin und Chemie, um nach einer Therapie zu suchen, die wirklich half und nicht den Kranken noch zusätzlich schadete.
So begannen seine ersten Selbstversuche, bei denen er die giftigen Stoffe verdünnte, verschüttelte und verrieb, um festzustellen, in welcher Dosis sie die von der Medizin gewünschten Heileffekte erzielten.
Mit Beharrlichkeit verfolgte er diese Idee und entwickelte daraus ein neues, sanftes Therapieverfahren, die Homöopathie: „Wähle, um sanft, schnell, gewiss und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden (homoion pathos) für sich erregen kann, als sie heilen soll.”
Er verstarb am 2. Juli 1843 in Paris.
Auswahl, Veröffentlichungen von Dr. S. Hahnemann:
- Ueber die Arsenikvergiftung, ihre Hülfe und gerichtliche Ausmittelung. Leipzig 1786, Crusius.
- Apothekerlexikon. 4 Theile in 2 Bänden, Leipzig 1793–1798.
- Versuch über ein neues Princip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen, nebst einigen Blicken auf die bisherigen. In: Hufelands Journal der practischen Arzneykunde, Bd. 2 (1796), 3. Stück, S. 391–439.
- Ueber die Kraft kleiner Gaben der Arzneien und der Belladonna insbesondere. In: Hufelands Journal der practischen Arzneykunde, Band 13 (1801), 2. Stück, S. 152–159.
- Fragmenta de viribus medicamentorum positivis sive in sano corpore humano observatis. Leipzig 1805, Barthius.
- Organon der rationellen Heilkunde. Arnoldische Buchhandlung, Dresden 1810. (Später publiziert als: Organon der Heilkunst. 2. Auflage: Dresden 1818. 3. Auflage: Dresden 1824. 4. Auflage: Dresden und Leipzig 1829. 5. Auflage: Dresden und Leipzig 1833. 6. Auflage (posthum): Leipzig 1921 (nach der handschriftlichen Neubearbeitung Hahnemanns hrsg. und mit Vorwort versehen von Richard Haehl).)
- Reine Arzneimittellehre. Theil 1–6. Leipzig 1811–1821.
- Die chronischen Krankheiten. Ihre eigenthümliche Natur und homöopathische Heilung, Theil 1–5. Leipzig 1828–1830.
Die Lebenskraft
Der Begriff “Lebenskraft” (lateinisch Vis vitalis) taucht bei Hahnemann ab der 5. Auflage des Organons auf. Aber was ist die Lebenskraft?
Hahnemann selbst beschreibt sie wie folgt: „Der materielle Organismus – ohne Lebenskraft gedacht – ist keiner Empfindung, keiner Tätigkeit und keiner Selbsterhaltung fähig; er ist tot und, wenn er bloß der physischen Außenwelt unterworfen ist, fault er und wird wieder in seine chemischen Bestandteile aufgelöst.“
Für ihn definiert sich die Lebenskraft als das, was ein Wesen von einem unbelebten Objekt unterscheidet – etwas, das “im gesunden Zustand unumschränkt [waltet] und alle Teile in harmonischem Lebensgang“ hält.
In der klassischen Homöopathie spielt der Begriff der Lebenskraft aber auch noch heutzutage eine zentrale Rolle. In der Lehre der klassischen Homöopathie kann Heilung (nicht durch ein homöopathisches Arzneimittel erreicht werden, sondern) nur durch die Korrektur der sog. Lebenskraft.
„Der lebendige Organismus kann primär auf dreierlei Arten beeinflusst werden. 1. Mechanisch, 2. Chemisch, 3. Dynamisch.“
Stuart Close
Die potenzierten Arzneien
Hahnemann entdeckte, dass die Arzneien ihre Wirkung verstärkten, aber gleichzeitig die Toxizität der enthaltenen Stoffe abnahm, wenn er den Arzneistoff mit einem nicht arzneilichen Stoff verdünnte. Hierzu verwendete er bei festen Substanzen Milchzucker und verrieb die Arzneisubstanz im Mörser mit Milchzucker, um eine gleichmäßige Durchmischung zu erreichen. Flüssige Arzneisubstanzen verdünnte er mit einer Alkohol-Wasser-Mischung und schüttelte diese – auch hier zu dem Zweck einer guten Durchmischung. Hahnemann stellte zu seiner Überraschung fest, dass die Wirksamkeit der Arzneimittel mit zunehmender Verdünnung zunahm. Später standardisierte er dieses Verfahren und nannte es Potenzieren.
Nach genauer Vorschrift werden die Arzneien in Stufen verdünnt und verschüttelt. Das Wort “Potenz” leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet Kraftentfaltung. In der Homöopathie wird damit die Verstärkung der Arzneiwirkung durch das spezielle Herstellungsverfahren bei der Herstellung der homöopathischen Arzneien bezeichnet. Homöopathische Arzneien sollen die sog. Lebenskraft zur Selbstregulation anregen. Zur Bezeichnung des jeweiligen Verdünnungsschrittes wird eine D für „Dezimal“ (1:10) und eine C für „Centismal“ (1:100) zusammen mit der Anzahl der Verdünnungsschritte verwendet. Die so beliebten Globuli werden mit der jeweilig potenzierten Substanz imprägniert.
Das Geheimnis und die Stärke der homöopathischen Medikamente liegen in der Potenzierung und der geringen Dosierung. Wissenschaftlich nachweisbar sind Inhaltsstoffe in den Arzneien bei tiefen Potenzen sowie bei Urtinkturen.
Die Herstellung wird hier beschrieben.
Grundannahme zur Wirkweise der klassischen Homöopathie
Die Grundlage einer jeden homöopathischen Behandlung ist laut Hahnemann die Lebenskraft. Diese zur „Korrektur“ anzuregen und dabei zu schonen und zu schützen ist deshalb in jeder klassisch homöopathischen Behandlung das oberste Ziel.
Ein Reiz für die dynamisch arbeitende Lebenskraft kann ausschließlich ein auf dynamischer Ebene wirkender Reiz bewirken. Durch das Potenzieren (verdünnen, verreiben, verschütteln = Dynamisation der Arzneien) haben diese Arzneien Zugang zur Lebenskraft. Das auf Basis des Ähnlichkeitsgesetzes herausgesuchte korrekt gewählte Mittel arbeitet mit der Lebensenergie und balanciert die Lebensenergie wieder aus.
Das wissenschaftliche Verständnis vom menschlichen Körper hat sich in den letzten hundert Jahren immer wieder verändert und neu orientiert, weil immer neue Erkenntnisse gewonnen werden. Und das ist gut so. Wir sind noch lange nicht am Ende unserer Entdeckungsreise angekommen. Täglich arbeiten tausende von Forschern daran, die Medizin weiterzuentwickeln und zu verbessern. Aber dennoch bin ich zuversichtlich, dass die Homöopathie und die Schulmedizin zueinander finden und Hand in Hand gehen können.
Eine gute Zusammenfassung von wissenschaftlichen Studien finden Sie hier.